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Channel: Ilka Heiner – Blickwinkel – Das Nachrichtenportal für Schwerte
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Abschied nach 29 Jahren: Kunstverein hat sich aufgelöst

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Hier auf dem Wuckenhof hatte der Kunstverein sein Domizil. Foto: Ingo Rous

Schwerte. Allen Rettungsversuchen zum Trotz: Zwei Tage vor seinem 29. Geburtstag hat sich der Kunstverein Schwerte aufgelöst. Mit 30 Ja- und sechs Nein-Stimmen votierten die anwesenden Mitglieder in ihrer jüngsten Versammlung am Donnerstagabend im Wuckenhof für die Auflösung des Vereins. Als Hauptgründe nannte Vereinsvorsitzender Michael Schade die „beunruhigende“ finanzielle Situation und dass ein natürlicher Alterungsprozess auch vor den Mitgliedern des Kunstvereins nicht Halt gemacht habe. Hinzu kämen gesunkene Zuschüsse und auch, „dass es ein echtes Mäzenatentum in Schwerte nicht gibt.“

Im Vorfeld der Versammlung hatte der Verein seine gut 100 Mitglieder schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, „dass der Vorstand in der Gesamtheit beschlossen hat, für eine weitere Wahlperiode nicht mehr zur Verfügung zu stehen.“ Noch bis zuletzt hatte es Versuche gegeben, den Verein mit einem komplett neuen Vorstand in die Zukunft zu führen. Da fruchtete auch der Vorstoß von Ex-Kulturamtsleiter Herbert Hermes in der Versammlung nicht mehr, „den Markt nach potenziellen Kandidaten abzuklopfen.“ Alles vergebens. In geheimer Wahl votierte die deutliche Mehrheit für die Vereinsauflösung.

Stehende Ovationen für Ulf Weingarten

Stehende Ovationen gab es für Ulfried Weingarten, Künstlerischer Leiter seit Vereinsgründung, ein Mann der Kultur, der dem von ihm dirigierten Kunstverein ein ebenso engagiertes wie anspruchsvolles und herausragendes Programm serviert hat. Erklärtes Ziel war, das Schwerter Publikum nicht nur mit Werken bereits renommierter Künstler bekannt zu machen, sondern auch qualifizierte, noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler vorzustellen und sie mit einer Ausstellung im Wuckenhof an der Kötterbachstraße zu fördern. Chapeau, so muss man sagen!

Ein Besuch der legendären Ausstellung „Chambres d’Amis“ von 1986 im belgischen Gent war die Initialzündung, in der Ruhrstadt einen Kunstverein ins Leben zu rufen. Mechthild Heimann und Ulf Weingarten waren es seinerzeit, die die Initiative ergriffen. Ein Jahr nach dem Tod von Joseph Beuys präsentierten sie in Schwerte als dem zweiten Ort in der Bundesrepublik die kompletten Zyklen seiner späten Druckgrafik. Die Ausstellung, die eingebettet war in Werksvorträge und Einführungen in die Gedankenwelt des deutschen Aktionskünstlers, Bildhauers, Zeichners und Professors, stieß auf ein bemerkenswert großes Echo in der Bevölkerung. An ihrem Ende fand die offizielle Gründungsversammlung statt, in der Michael Schade zum Vorsitzenden gewählt wurde. Ein Amt, das er bis zur endgültigen Auflösung des Kunstvereins innehat.

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Mike Schade leitete die letzte Jahreshauptversammlung.

Anfang im Tante-Emma-Laden

Wer erinnert sich noch an die Anfänge des Vereins in einem ehemaligen Tante-Emma-Laden in der Kampstraße? Ein Domizil, das den Kunstfreunden seinerzeit eine lächerliche Absage des Kunstmagazins „Art“ eingebrockt hat. Als die „Macher“ der Ausstellung „Müllers Tochter“ mit Schwertes damals schon hochberühmter Tochter Rosemarie Trockel einen Berichterstatter der „Art“ eingeladen hatten, reiste der zwar gemeinsam mit einem Fotografen in die Ruhrstadt an, machte aber vor dem doch sehr hausbacken wirkenden Domizil der Kunstfreunde kehrt mit der flapsigen Bemerkung, das könne man seinen Lesern nun wirklich nicht zumuten. Heute steht die Trockel, am 13. November 1952 in Schwerte geboren, in der Weltrangliste der lebenden Künstler ganz oben.

Sag zum Abschied leise danke

Und weil das recht beengte Domizil in der Kampstraße mit der Zeit alle Ansprüche an einen arrivierten Kunstverein sprengte, entschlossen sich die Mitglieder angesichts der finanziellen und auch baulichen Herausforderungen schweren Herzens, in den Denkmal geschützten Wuckenhof im Herzen der Altstadt umzuziehen. Von Februar bis Oktober 1995 haben zahlreiche Kunstfreunde nahezu ausschließlich in Eigenarbeit und in jeder freien Stunde und Wochenende für Wochenende daran gearbeitet, das unter Schutz stehende Gemäuer umzubauen und die herunter gekommenen Räumlichkeiten des einstigen Kindergartens in eine angemessene Bühne für die Kunst zu verwandeln. Künstler von nationalem und internationalem Rang gaben seither ihr Stelldichein in Schwerte. Eine kleine Auswahl gefällig? Rune Mields, Antoni Tapies, Dorothee von Windheim, Claus Bury, Emil Schumacher, Rosemarie Trockel, Ingrid Langanke, Ivan Popovic, Kazuo Katase, Thomas Klegin … Da kann man dem Kunstverein Schwerte zum Abschied nur danke sagen!


Kultureller Jahresempfang: Bürgerschaftliches Engagement als „Markenkern dieser Stadt“

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Schwerte. Modern mit Tradition: Der An- und Umbau in Schwertes guter Stube verbindet behutsam Gegenwart und Geschichte. Ein Zentrum mit Zukunft. Den Nagel auf den Kopf traf also Kirchmeister Ulrich Halbach am Sonntag beim 3. Kulturellen Jahresempfang im neuen Gemeindezentrum St. Viktor: „In der Mitte unserer Stadt ist ein Beispiel gelungener Baukultur entstanden, das seinesgleichen sucht und um das uns viele Besucher aus anderen Gemeinden sehr beneiden.“

Abzulesen sei das allein schon daran, dass seit Eröffnung der neuen Räume vor gerade einmal vier Monaten das Haus „einen Ansturm von Nachfragen“ erfahre von „allen möglichen Gruppen und Vereinigungen, die unsere Räume für ihre Zwecke nutzen möchten.“ Und in der Tat stelle die Gemeinde ihr Haus „vorzugsweise bürgerschaftlich engagierten Gruppen“ zur Verfügung, so zum Beispiel dem Arbeitskreis Asyl oder der Gruppe ‚Engagierte Stadt auf dem Weg zur Bürgerkommune‘.“ Hier tagten nicht nur Konfirmanden oder Ausschüsse, hier sei auch der Ort der regelmäßigen offenen Jugendarbeit, „die nicht nach Konfession oder Herkunft fragt.“ Und hier finde auch das Flüchtlingscafe „Nice to meet you“ statt. Halbach wörtlich: Hier in Schwertes guter Stube wird ein Stück konkreter Willkommenskultur gepflegt.“

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Roland Preuß, Vorsitzender des Presbyteriums, begrüßte die Gäste im neuen Gemeindehaus.

St. Viktor als Herz der Gemeinde

Das Herz der Gemeinde aber bleibe die fast 1000 Jahre alte St. Viktorkirche, die nach nahezu zweijähriger Bauzeit nun wieder im alten Glanz erstrahle. Ulrich Halbach: „Sie lässt deutlich erkennen, dass an dieser Stelle die kulturhistorisch und kunstgeschichtlich wichtigsten Zeugnisse unserer Stadt eine Heimat haben.“ Einen guten Einblick dazu gebe der neue handliche Kirchenführer, der die wichtigsten Orte und Exponate der mittelalterlichen Kirche vorstelle und geradezu dazu einlade, in der Kirche zu verweilen und sich mit ihr vertraut zu machen.

Altar wartet auf seine Restaurierung

In seiner Rede vor der großen Gästeschar warf der Kirchmeister einen weiteren, vielversprechenden Blick in die Zukunft: Wenn die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz und Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur, die Schwerter Förderanträge positiv bescheiden, dann sollen noch in diesem Jahr die Restaurierungsarbeiten an Schwertes größtem Schatz, dem 500 Jahre alten Antwerpener Altar aufgenommen werden. Ebenfalls noch in diesem Jahr soll für St. Viktor eine „Projektpfarrstelle für Stadtkirchenarbeit“ ausgeschrieben werden, eine Stelle, die sich „weiter der Bürgergemeinde hin öffnet und stärker als bisher die ‚Stadtkultur‘ mitgestaltet“, wie Halbach betonte. Zudem lud der Kirchmeister für kommenden Donnerstag, 3. März, um 16 Uhr in die St. Viktorkirche ein. Dann nämlich wollen sich die drei Kandidatinnen für die ausgeschriebene A-Kirchenmusikerstelle (Nachfolge von Kantor Irmscher) mit einem mehrteiligen musikalischen Programm der Gemeinde und der Stadtkantorei vorstellen.

Kooperationspartner im Verband der Kulturträger

Um die Arbeit der Konzertgesellschaft und des Ruhrstadtorchesters zu unterstützen, habe sich das Presbyterium entschlossen, auf die üblichen Nutzungsgebühren bei Kirchenkonzerten zu verzichten, zeigte der Kirchmeister weiter auf. Halbach: „Wir verstehen uns als wichtiger Kooperationspartner im Verband der Kulturträger unserer Stadt.“

In diese Richtung ging auch Dr. Christine Mast, Chefin im KuWeBe (Kultur- und Weiterbildungsbetriebe) und zitierte den Propheten Jeremia, Kap. 29, „Suchet der Stadt Bestes“: Das neue Zentrum solle Begegnungsort, Erlebnisort und Lernort für alle Schwerter und Touristen sein. Städtebaulich werde hier ein Signal gesetzt, „dass diese Stadt in ihrem Stolz und Selbstbewusstsein weiter geführt wird.“ Hier werden, zeigte sich Christine Mast überzeugt, „viele Vereine ihren Ort finden, das alles wird auch seine überregionale Wirkung nicht verfehlen.“ Man werde auch von außen auf diese Kommune blicken, „dessen bürgerschaftliches Engagement den Markenkern dieser Stadt ausmacht.“

In der VHS: Kleine Kunststunde zu Anselm Kiefer

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Schwerte. „Kleine Kunststunde zu Anselm Kiefer“ ist ein Kurs der Schwerter VHS überschreiben, zu dem die Schwerter Künstlerin Germaine Richter am 5. und 12. April in die Weiterbildungseinrichtung im City Centrum am Markt einlädt.

Der Kurs hat sich zum Ziel gesetzt, eine Position in der zeitgenössischen Kunst zu thematisieren. Im Anschluss an die beiden Sitzungen zur Theorie unternehmen die Teilnehmer eine Exkursion in das Museum Küppersmühle in Duisburg, das in seiner Sammlung über zahlreiche, teils großflächige Arbeiten von Kiefer verfügt.

Anselm Kiefer wurde 1945 in Donaueschingen geboren und zählt zu den großen, internationalen Künstlern unserer Zeit. Er studierte Jura, Romanistik, später auch Bildende Kunst. Seit den frühen 90er Jahren arbeitet er in Frankreich. Neben dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erfuhr er in Frankreich große Ehrungen, so hielt er Vorlesungen am College de France, Paris. Bekannt ist er für seine epischen, großformatigen Werke und seine ungewöhnliche Materialwahl wie z. B. Erde, Lack, Pflanzen und Blei. Thematisch kreist sein Werk um historische Themen und deren Vermächtnis für heute. Dabei entwickelte er einen eigenen labyrinthischen Kosmos aus Geschichte, Natur, Mythologien, Religionen und mystischen Strömungen. Kunst ist seine persönliche Strategie des Überlebens. Impulse für sein Arbeiten erfährt er im Wahrnehmen von Gestern und Heute: „Ich mache überhaupt nur etwas, wenn ich einen Schock erlebe. Sonst werde ich nicht aktiv.“

Die Kurse am 5. und 12. April finden jeweils von 17.30 bis 19 Uhr statt. Anmeldungen bei der VHS.

REFLEX: Jubiläumsausstellung mit Schwerterin Germaine Richter

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Schwerte/Kamen. Wenn die Künstlergruppe REFLEX am 18. März zu ihrer Jubiläumsausstellung in die Kamener Stadthalle am Rathausplatz einlädt, dann sind gleich zwei Anlässe zu feiern: Der Zusammenschluss freier Künstler in NRW begeht sein 15jähriges Bestehen, und die Schwerter Künstlerin Germaine Richter (Foto)  ist bereits zum neunten Mal dabei.

Aus der im Jahr 2001 gegründeten Vereinigung von Mitgliedern des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) entwickelte sich die Kamener Künstlergemeinschaft Reflex. Gründer und Sprecher ist der Kamener Maler und Kulturmacher Reimund Kasper. Die Gruppe besticht durch ein breit gefächertes Angebot an künstlerischer Arbeit. Zeichnung, Druckgrafik und Malerei sind ebenso vertreten wie die plastische Arbeit und Fotografie.

Reflex, so formulieren es die Künstlerinnen und Künstler, „kommt dem Drang nach Freiheit nach und lässt sich in kein Korsett zwingen.“ Heute sind 20 Kunstschaffende in der Gemeinschaft aktiv. Kamen ist Standort dieser Künstlergemeinschaft, die sich aus Mitgliedern verschiedener Städte Nordrhein-Westfalens zusammensetzt. Dieser kulturelle Austausch macht diese außergewöhnliche Gemeinschaft so attraktiv, spannend und direkt, weil unterschiedlichste Seh- und Sichtweisen zusammentreffen.

Ebenfalls seit 15 Jahren organisiert Reflex zudem die Kunstmesse ART KAMEN, die in diesem Jahr vom 1. bis 3. Oktober wieder in der Kamener Stadthalle stattfindet.

Die Jubiläumsausstellung am Freitag, 18. März, beginnt um 19 Uhr und trägt dieses Mal kein gemeinsames Thema. Germaine Richter hat zwei ganz neue Arbeiten im Gepäck und sechs weitere, die seit 2000 entstanden sind. „Die Verbindung besteht in dem gedanklichen Ansatz, die Freiheit des menschlichen Tuns zu betrachten“, erläutert die Schwerter Künstlerin.

Zur Ausstellungseröffnung spricht die Publizistin Ulla Dretzler, die musikalische Begleitung am Klavier übernimmt Margarita Feinstein. Es erscheint ein Katalog. Ausstellungsdauer: bis 1. April.

Mitreißende Einblicke in die Welt der Musik

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Schwerte. Wenn Dr. Ulrike Pfau-Tiefuhr vom Vorstand der Konzertgesellschaft Schwerte in die Zukunft schaut, dann hat sie ein ambitioniertes Ziel im Blick: Schwerter Schüler aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Verhältnissen sollen mit Leidenschaft und Hartnäckigkeit einen „hoffentlich mitreißenden Einblick in die Welt der Musik erfahren, Feuer fangen und ihre eigene Kreativität entdecken.“ Möglich machen soll das ein Gemeinschaftskonzert mit Profi- und Laienmusikern, zu dem die Gesellschaft mindestens einmal im Jahr in die St. Viktorkirche oder in die Rohrmeisterei einladen will.

Damit will die Ärztin, die im Vorjahr im Vorstand der Konzertgesellschaft die Nachfolge von Prof. Carl-Joachim Heinrich übernommen hat, nicht nur den Nachwuchs an die Gesellschaft binden, sondern auch Jugendliche auf den Weg bringen, „eine emotionale Reise in neue, ungeahnte Welten anzutreten und zu bislang verborgenen Facetten ihrer Persönlichkeit vorzudringen.“ Denn: Aus eigener Erfahrung weiß Ulrike Pfau-Tiefuhr nur zu gut was es heißt, auf die Magie der Musik zu bauen und schließlich Feuer zu fangen. „Ich komme aus der eigenen Bereicherung, habe immer im Ensemble und Orchester gespielt“, betont sie, die schon als Kind Klavier und Cello gelernt hat, immer noch Unterricht nimmt und  zudem seit 20 Jahren Hauskonzerte organisiert.

Mit Staunen ein Stückchen Leben entdecken

Damit der Funke der Begeisterung in dieser vom Internet zugedröhnten Welt auch auf junge Menschen überspringt, plant Ulrike Pfau-Tiefuhr einen Vorstoß bei den Musiklehrern der weiterführenden Schwerter Schulen. Einmal im Jahr, so schwebt ihr vor, will die Konzertgesellschaft zu einem Konzert einladen, „mit Profi-Orchester und Laienchor, um Jugendliche für den Klassik-Bereich zu begeistern. Dass Dinge passieren und man merkt, das hat mich jetzt aber berührt, das ist Musik, die in mir emotional was auslöst“, wie die Medizinerin sich das wünscht. Oder anders ausgedrückt: Mit Staunen wieder ein Stückchen Leben entdecken.

Die Magie der Musik

„Ich glaube“, erläutert Ulrike Pfau-Tiefuhr den Hintergrund für ihr ehrgeiziges Unterfangen, „dass Bildung und Musik etwas miteinander zu tun haben.“ Jugendliche sollen, so schwebt es ihr vor, auf die Magie der Musik bauen. Damit diese hoffentlich mitreißenden Einblicke in die Welt der Musik gelingen, will sie jeden Musiklehrer in Schwerte persönlich ansprechen. Aus wachsenden Erfolgen bei den geplanten Profi-Laien-Konzerten könnten die jungen Teilnehmer „Selbstbewusstsein ziehen und als Persönlichkeiten reifen“, zeigt die Ärztin auf. Und schließlich könnten junge Menschen „durch die Erfahrung mit der Musik auch aus ihrer eigenen Isolierung herausfinden.“

1980 nach Schwerte gekommen

Pfau-Tiefuhr, in der Konzertgesellschaft unter anderem zuständig für die Planung der Konzertprogramme, weiß, wovon sie spricht. Schon in der Kindheit wurden die Weichen für ihre Musikleidenschaft gestellt, stammt sie doch aus einem „absolut Musik begeisterten Elternhaus.“ Noch mit 80 Jahren hat sich der Vater als Autodidakt moderne Musik angeeignet, „ich glaube, da ist was übergesprungen.“  Später, im Medizinstudium, hat die gebürtige Hannoveranerin ihren künftigen Ehemann kennen gelernt, mit dem sie Anfang der 80er Jahre in die Ruhrstadt gekommen ist. 1981 war sie gemeinsam mit Jürgen Harneit an der Gründung der Tagesklinik in der Kleppingstraße beteiligt, 1987 hat sie mit Ehemann Bolko Pfau eine Praxis in der Hermannstraße eröffnet, die später dann in die Goethestraße umgezogen ist. Und zwischendurch hat sie auch noch vier Kinder bekommen. Zwei Jungen, zwei Mädchen, davon sind drei Politikwissenschaftler geworden, einer arbeitet bei der Kindernothilfe in Afrika.

Musiklehrer sollen einbezogen werden

Nach ihrem Abschied von der Praxistätigkeit war es Dr. Wolfgang Schröder, ein früherer Nachbar und heute ebenfalls im Vorstand der Konzertgesellschaft, der Ulrike Pfau-Tiefuhr für die Gesellschaft gewinnen konnte. Und weil die Medizinerin eine stadtbekannte Persönlichkeit ist, haben sich ihr gleich viele Türen geöffnet. Demnächst also möchte sie möglichst viele Musiklehrer dazu bringen, im Unterricht mit den Schülern etwas vorzubereiten, das auf ein gemeinsames Projekt mit Profimusikern zusteuert. „Da muss Bewegung rein, und dass was überspringt“, sagt das Vorstandsmitglied.

Jazz in den Sternstunden

Als eine weitere Premiere im Programmprofil der Konzertgesellschaft kündigt Ulrike Pfau-Tiefuhr die nächsten „Sternstunden“ am Bösendorfer am 8. Mai in Schwerte an. Dann nämlich gastiert die aus Kuba stammende Pianistin Marialy Pacheco in der Rohrmeisterei, ihre Spezialität ist die Jazzmusik. 1983 in Havanna geboren, erhielt sie sehr früh schon Klavierunterricht und absolvierte später ein dreijähriges Kompositionsstudium. 2002 gewann sie den kubanischen Wettbewerb „Jo-Jazz“. Ihre internationale Laufbahn führte sie nach Deutschland, Australien und Japan. Seit 2014 ist sie hochoffiziell – wie passend zu den Schwerter „Sternstunden“ – „Bösendorfer Artist“, als erste und einzige Jazzpianistin weltweit. In der österreichischen „Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft“ wurde ihr jüngstes und mittlerweile achtes Album „Introducing“, bei dem sie nicht nur als Interpretin, sondern auch als Komponistin und Arrangeurin hervortritt, besonders gelobt. In einer Rezension wurde die „emotional mitreißende Vitalität der kubanischen Musik“ hervorgehoben, die in Einklang gebracht wird „mit der coolen Sophistication des zeitgenössischen Jazz“.

Diese „Sternstunde“, so darf hoffnungsfroh erwartet werden, dürfte auch ein jugendliches Publikum ansprechen.

Talk am Turm und Bibelgarten: Ulrich Halbach über die Gemeinde und die Viktorkirche

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Die St. Viktorkirche gehört zu den schönsten Kirchen in ganz Westfalen. Fotos: Florian Monheim

Schwerte. Die Weichen sind gestellt: Schwertes Wahrzeichen, das historisch gewachsene Ensemble rund um St. Viktor, ist auf gutem Wege, sich zu einem Zentrum mit Zukunft zu entwickeln. So will die ev. Kirchengemeinde mit ihrer neuen Vortragsreihe „Talk am Turm“ (TaT) ihr Veranstaltungsformat schärfen und ein eigenständiges evangelisches Profil entwickeln. Darüber hinaus ist Kirchmeister Ulrich Halbach davon überzeugt, „dass die St. Viktor-Kirche mit ihrer Anbindung an das neue Gemeindezentrum und den Kirchgarten die ideale Hochzeitskirche ist. Und dass der Kirchgarten ein unglaubliches Potenzial besitzt, als Bibelgarten zu neuer Blüte zu finden.“

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Wenn die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz und Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur, die Schwerter Förderanträge positiv bescheiden, dann sollen noch in diesem Jahr die Restaurierungsarbeiten am 500 Jahre alten Antwerpener Schnitzalter aufgenommen werden. Foto: Florian Monhem

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Kirchmeister Ulrich Halbach. Foto: Ev. Kirchengemeinde

Schon bei der Vorstellung der Kandidaten zur Kirchenwahl am 14. Februar 2016 hatte Ulrich Halbach betont, sich nicht nur u.a. für die Restaurierung von Schwertes größtem Schatz, dem Antwerpener Schnitzalter, ebenso in der Flüchtlingshilfe und der ökumenischen Zusammenarbeit einzubringen, sondern auch für die Anlegung eines Bibelgartens zu sorgen. „Jetzt, wo die Kirche poliert ist und wir mit Pater Abraham den Leiter der Schmiede der Abtei Königsmünster in Meschede für uns gewinnen konnten, können wir die Idee eines Schöpfungsgartens vorantreiben“, hält der Kirchmeister fest. An der Südseite der Kirche, so schwebt es ihm vor, könnte ein kleiner, öffentlich zugänglicher Garten entstehen, der 120 Pflanzen beherbergt, die schon in der Bibel Erwähnung finden. Eine Anlage, die einlädt, sich mit unseren kulturellen Wurzeln auseinander zu setzen. Mit Pater Abraham seien bereits Pläne für das Tor zum Garten geschmiedet worden.

Der Chorraum bekommt ein neues Gesicht

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Der Blick durch die Kirche auf den Altar und den Chorraum. Foto: Florian Monheim

Ebenfalls künstlerisch tätig werden soll der Pater bei Entwurf und Herstellung der neuen Sockel, die es für die drei Holzskulpturen der Kalvarienbergszene anzufertigen gilt. Ein Dortmunder Meister hatte, so ein Blick in die Geschichte, um 1430 eine Gruppe mit sieben Holzskulpturen geschaffen. Die Figuren des gekreuzigten Jesus, der beiden Schächer und der Maria befinden sich im Landesmuseum in Münster. Mit Dr. Bettina Heine-Hippler vom Denkmalamt Münster (Halbach: „Eine Liebhaberin unserer Kirche“) und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurden Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel, die Figur der Maria nach Schwerte zu bekommen. Sobald die drei Holzfiguren ihre Ergänzung finden, soll die Gruppe auf dem Platz links vor dem Antwerpener Schnitzaltar ihren neuen Standort finden. Ulrich Halbach: „Dann bekommt der Chorraum ein neues Gesicht.“ Die Chororgel soll dann wohl nach rechts auf die andere Seite rüber geschoben werden.

Flüchtlingshilfe erstes Thema

Die neue Reihe „Talk am Turm“ soll gemeinsam mit dem Arbeitskreis Asyl am Montag, 11. April, aus der Taufe gehoben werden und sich dem großen Thema Flüchtlingshilfe widmen. So ist es gelungen, als Referenten einen erfahrenen Juristen zu gewinnen, der Ratschläge rund um die Asylberatung erteilt. Das Thema Militäreinsätze der Bundeswehr in Syrien steht beim „Talk am Turm“ am 10. Juni auf der Tagesordnung. Dann haben die Zuhörer die Möglichkeit, mit Pastor Renke Brahms ins Gespräch zu kommen. Brahms ist der erste Friedensbeauftragte der Ev. Kirche von Deutschland (EKD).

Ausstrahlung zurückgewinnen

Zurück zu Kirchmeister Ulrich Halbach, der auch im Vorstand der „Bürgerstiftung St. Viktor“ engagiert  ist. Was ist seine Vision für die Kirchengemeinde in den nächsten vier Jahren? „Ich wünsche mir eine Gemeinde“, hielt er im Vorfeld der Kirchenwahl am 14. Februar fest, „die als christliche Kirche vor Ort Ausstrahlung zurückgewinnt, in der es eine Freude ist, ehrenamtlich tätig zu sein und in der das Pfarrteam und das Presbyterium freundschaftlich zusammenarbeiten. Dann könnte alles wieder gut werden.“ Die Weichen dafür sind gestellt.

Impressionen aus der schönen Viktorkirche

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Stimmiges Stadtquartier mit hoher Aufenthaltsqualität

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Das Gemeindehaus als Bindeglied zwischen den historischen Gebäuden des Ensembles. Foto: Florian Monheim

Schwerte.  Mit der grundlegenden Renovierung der St. Viktor Kirche  und dem neuen Gemeindezentrum im lichten Anbau gelang  dem Essener Architekturbüro Brüning Rein eine Aufwertung des gesamten Geländes. Alt und neu wurden respektvoll zusammengeführt. Gemeinsam mit dem Alten Rathaus und der Alten Marktschänke, die  in einem nächsten Bauabschnitt gründlich aufpoliert werden sollen, entsteht hier ein stimmiges Stadtquartier mit vielfältiger Nutzung und hoher Aufenthaltsqualität.

Um die Kirche lebensfähig zu halten, hatte die ev. Kirchengemeinde Schwerte einst beschlossen,  einige ihrer Gemeindehäuser aufzugeben und stattdessen ein zentrales Gemeindezentrum an St. Viktor zu errichten. Getragen wurde dieser Schnitt von einer Vision: Schwertes Wahrzeichen, die Marktkirche, und das historisch gewachsene Ensemble sollten sich zu einem Zentrum mit Zukunft entwickeln. Heute ist die neue Schwerter Mitte ein stolzes Zeichen bürgerschaftlichen Engagements, das von allen mitgetragen und selbstbewusst gezeigt wird. Das neue Gemeindehaus  fügt sich ohne große Gesten, aber gerade deshalb überzeugend in das Ensemble aus St. Viktor, Alter Schänke und Altem Rathaus ein. Angesichts der jüngsten Kirchengeschichte ist das neue Haus für Architekt Brüning denn auch „kein Dokument des Luxus und Überflusses, sondern des Schrumpfens.“ Mit der Zusammenführung unter einer neuen Dachmarke wurde eine wegweisende Umstrukturierung in Gang gesetzt, die nicht nur einen neuen, touristischen Anziehungspunkt schaffen sondern eine Aufwertung des gesamten Quartiers bewirken soll. Ein erster, entscheidender Schritt ist getan. Immer mehr Menschen nutzen heute die enge Verbindung zwischen Gottes- und neuem Gemeindehaus. Architektur hat also die Kraft, neue Lebensqualität zu schaffen.

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Ein authentisches Ensemble. Foto: Florian Monheim

Authentisches Ensemble

„Als wir 2010 den Wettbewerb für den Neubau eines Gemeindehauses an der St. Viktor Kirche in Schwerte gewonnen hatten war uns natürlich bewusst, neben welch kostbarem Bauwerk wir uns befinden würden“, blickt Architekt Arndt Brüning vom Essener Büro Brüning Rein zurück. Bildet doch die ev. St. Viktor Kirche gemeinsam mit dem Alten Rathaus und der Alten Marktschänke im historischen Zentrum von Schwerte „ein authentisches Ensemble von hohem Denkmalwert“, wie der Architekt betont.

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Architekt Arndt Brüning. Foto: privat

Das neue Gemeindehaus, erklärt der Baumeister, fügt sich „angemessen und eigenständig“ an die St. Viktor Kirche an. Es besteht zum einen aus einem schlanken, traufständigen Baukörper mit Satteldach, „der auf historische Vorgängerbauten Bezug nimmt und zur Brückstraße in einer Reihe mit der Alten Marktschänke und dem Alten Rathaus steht“, wie Brüning erläutert. Weiteres Element ist der Gemeindesaal mit einem zum Kirchplatz vorgelagerten Foyer als verglaster hölzerner Skelettbau, der an die Sakristei anschließt. Beide Körper gründen auf einem Sockelgeschoss mit einer Sandsteinfassade, das sich aus den Mauern entlang der Brückstraße fortsetzt. Arndt Brüning: „Das neue Gemeindehaus wird zum Bindeglied zwischen den historischen bürgerlichen Gebäuden des Ensembles und der Kirche. Bestehende Gebäude und neues Gemeindehaus bilden so einen Gebäudekomplex, der atmosphärisch beschützend und zugleich einladend ist.“

Ein wunderbarer kleiner Platz

Umschlossen von Kirche, Gemeindehaus, Schänke und Museum ist ein wunderbarer kleiner Platz entstanden, der sich mit der Zugangstreppe von der Brückstraße als reizvoller Weg zwischen den Ruhrwiesen im Süden und dem Marktplatz anbietet. Zugleich erweitert sich das Foyer des Gemeindehauses räumlich in den Kirchhof, der so in die Nutzungen der Kirchengemeinde einbezogen ist. Auch das Alte Rathaus und die Alte Marktschänke sollen künftig über den Kirchhof erschlossen werden.

Als Pendant zum Kirchhof wurde der Kirchgarten vor dem Chor einbezogen, zudem wurde der alte Friedhof im Süden der Kirche mit wassergebundenen Wegen als verwunschener Rückzugsort angelegt. Die Nutzungsbereiche des Gemeindehauses, zeigt der Architekt weiter auf, haben somit auf zwei Ebenen direkte Zugänge in den Kirchgarten.

Beeindruckender Gemeindesaal

Im Sockelgeschoss des neuen Gemeindehauses wurde der Jugendbereich untergebracht, mit einem separaten, abgeschlossenen Außenbereich, der von Mauern entlang der Brückstraße eingefasst ist. Darüber öffnet sich der Gemeindesaal mit großer Glasfassade und Zugang in den Kirchgarten. Der beeindruckende, zweigeschossige Raum ist geprägt durch die ehemalige Außenwand der Sakristei, die die Architekten unverändert belassen haben. Das zum Kirchhof ausgerichtete verglaste Foyer ist mit einer großzügigen Türanlage zuschaltbar, sodass sich Kirchhof und Kirchgarten sowohl räumlich als auch in der Nutzung im Gemeindehaus verbinden. Zugleich sind Kirchenraum und Sakristei über die historischen Türöffnungen unmittelbar angebunden. Der Anschluss des Foyers an die Kirche erfolgt auch im Dach mit einem Oberlicht. Architekt Brüning: „Damit bleibt die baugeschichtliche Vielfalt der Kirchenaußenwand im Foyer vollständig erlebbar, und das nördliche Seitenschiff der Kirche erstrahlt weiter im warm gefilterten Tageslicht der gotischen Maßwerkfenster.“

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Die offene Foyertreppe des Gemeindehauses. Foto: Florian Monheim

Der Dialog zwischen den Gebäudeteilen

Über die offene Foyertreppe gelangt man ins Obergeschoss zu einem Gruppenraum, der seinen besonderen Charakter aus dem spitzgiebeligen Satteldach bezieht, das den Innenraum bestimmt. Architekt Brüning: „Sein Eckfenster wird zum Erker, aus dem die stadträumliche Situation des Grundstücks an der Brückstraße spektakulär erlebbar wird.“ Der Übergang zur Alten Marktschänke soll über eine verglaste Brücke zwischen den Obergeschossen, oberhalb der Treppe zum Kirchhof, erfolgen.

Die Materialien des neuen Gemeindehauses, erklärt Baumeister Brüning, „sind zweckmäßig und dauerhaft. Sie sind mit Respekt und Bewusstsein der Verantwortung für die langfristige Bedeutung des Gebäudes im Kontext einer über Jahrhunderte währenden Baugeschichte rund um St. Viktor gewählt.“ Im Gemeindesaal und Gemeindefoyer ist die Sandsteinfassade der Kirche eindrücklich präsent und macht den Dialog zwischen den Gebäudeteilen direkt erlebbar. Arndt Brüning: „Die wohltuende Angemessenheit der Materialien und Konstruktionen dient der Einfügung in den Ort, mit dem sich die Identität Schwertes wie an keinem zweiten ausdrückt. In dieser Zielsetzung bleibt der kontemplative Ruhe ausstrahlende sakrale Kirchenraum von St. Viktor unangetastet und zugleich Teil des neuen Ensembles.“ Überflüssig zu betonen, dass die Baumeister  eindringlich gerungen haben mit den Denkmalschützern in Münster.

„Bufdi“ im Stadtarchiv: Omer Al Alsad sieht seine Zukunft in Schwerte

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"Bufdi" im Stadtarchiv: Omer Al Alsad.

Schwerte. Wenn Omer Al Alsad an seine Zukunft denkt, dann hat er eine Vision: der studierte Informatiker, der vor Krieg und IS-Terror aus dem Irak geflüchtet ist, möchte in Deutschland seine Doktorarbeit in Mathematik schreiben oder aber ein ganz neues Studium aufnehmen und danach als Journalist fürs Fernsehen arbeiten. Eins aber liegt ihm ganz besonders am Herzen: „Ich möchte bleiben hier“, erklärt der 28-Jährige in noch nicht ganz flüssigem Deutsch. Soeben hat er seine Arbeit im Stadtarchiv Schwerte aufgenommen.

Als Bufdi, als Beschäftigter im Bundesfreiwilligendienst, trat Omer Al Alsad zum 1. Juni im Stadtarchiv an, vor allem mit Zielen wie diesen: Er soll die deutsche Sprache erlernen, Kontakte zum Arbeitsmarkt knüpfen und als Multiplikator  anderen Flüchtlingen bei der Integration zur Seite stehen.  Bevor Omer Al Alsad vor neun Monaten Schwerte zugewiesen wurde, da hatte der junge Iraker eine Flucht vor Krieg und Terror hinter sich, die ihn von Mosul, seiner Heimatstadt im Norden Iraks, zu Fuß, mit Zug und Bus und schließlich mit dem Boot von der Türkei nach Griechenland führte. Von dort aus kam er nach Deutschland. Ganz allein ist er geflüchtet, die Eltern und die beiden Geschwister sind im Norden Iraks geblieben. Kontakt zu halten, bedauert er, ist schwierig.

In seiner Heimat hat er Mathematik und Informatik studiert und sein Studium mit dem Bachelor abgeschlossen. Nebenbei hat er Mathematik in einer Grundschule unterrichtet. Heute wohnt der junge Iraker in einem kleinen Appartement in Holzen und ist glücklich, im Stadtarchiv Beschäftigung gefunden zu haben. Auch bei einem Workshop in der Katholischen Akademie dabei. Kennenlernen durch Kunst war angesagt, diese Kontaktaufnahme der besonderen Art, sagt Omer Al Alsad, habe ihm mächtig viel Freude bereitet.


Beate Schwietz und die leblosen Akten voller lebendiger Vergangenheit

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Beate Schwietz in ihrem Archiv.

Schwerte. Sie wacht über das „Gedächtnis“ der Kommune. Ihre Aufgaben reichen von der Bewahrung, Bewertung und Erschließung bis hin zur Nutzbarmachung und Auswertung  der Schriftgutüberlieferung. Dabei handelt es sich um Urkunden, Akten, Fotos, Pläne, Plakate, Zeitungen, Film- und Tonbänder und in Zukunft auch um digitales Schriftgut. Wenn Stadtarchivarin Beate Schwietz in ihre berufliche Zukunft schaut, dann hat sie vor allem auch das Internet im Blick. Ihre größte Herausforderung ist, sagt die 35-Jährige, „der Aufbau einer Internetpräsenz, so dass Findmittel und ausgewählte Teile der Archivbestände direkt im Netz zugänglich sind.“ Der Archivnutzer hätte dann die Möglichkeit, sich über die Bestände des Stadtarchivs bequem und unabhängig von den Öffnungszeiten zu informieren. In vielen größeren Archiven ist das längst Standard.

Als  Beate Schwietz im Frühjahr 2015 zum Vorstellungsgespräch in die Ruhrstadt kam, da war das ihr erster Besuch in Schwerte. „Die Hörder Straße“, erinnert sie sich, „machte keinen guten Eindruck. Dafür war die Überraschung umso größer: Mit seinem historischen Stadtkern hat Schwerte direkt einen positiven Eindruck bei mir hinterlassen. Ich hatte sofort das Gefühl, dass die Schwerter Bürger historisch interessiert sind.“

Wertvolle Unikate

Bis zum 1. August des vergangenen Jahres war das Stadtarchiv unter dem Dach des Alten Rathauses noch dem Ruhrtalmuseum angegliedert, heute ist es eine eigene Einrichtung und im Kultur- und Weiterbildungsbetrieb der Stadt aufgegangen. Was reizt sie an ihrem Berufsfeld? Beate Schwietz: „Dass, provozierend ausgedrückt, aus einfachem, alten beschriebenen Papier plötzlich vergangene Welten zu lebendigen Orten und Wirklichkeit werden. Zu bestimmten Themen finden sich so viele verschiedene Quellen, dass man Abläufe aus der Vergangenheit teilweise haargenau rekonstruieren kann. Die staubigen, leblosen Akten sind voller lebendiger Vergangenheit.“ Als Archivarin hat sie das Privileg, „mit diesen wertvollen Unikaten arbeiten zu dürfen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mich für diesen Beruf entschieden habe. Auch wenn ich als Quereinsteiger ins Archiv gekommen bin und keine klassische Archivausbildung habe.“

„Heimathirsche“ einbeziehen

Im Jahre 2002 hat Schwertes heutige Stadtarchivarin das Studium der Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum aufgenommen, das sie 2008 mit dem Master of Arts abgeschlossen hat. Nach Tätigkeiten im Stadtarchiv Castrop-Rauxel, im Unternehmensarchiv der Bertelsmann AG in Gütersloh und dem LWL-Medienzentrum für Westfalen arbeitete sie zuletzt als Archivangestellte im Historischen Archiv des Erzbistums Köln.  Am 1. Juni 2015 trat die Mutter zweier Töchter im Alter von sechs und eineinhalb Jahren ihren Dienst in Schwerte an. „Leidenschaftlich gerne“, erklärt sie, „arbeite ich mit historischen Fotos. Der Mensch von heute ist visuell geprägt. Auch ich kann mich nicht davon freisprechen. Bilder bieten einen leichteren Zugang zu völlig fremden oder vergangenen Welten und liefern Informationen, die schriftliche Quellen zum Teil nicht übermitteln können. Bilder bilden eine wichtige Ergänzung zum Schriftgut.“ Häufig fehlten wichtige Daten, die helfen, ein Foto einzuordnen. Anhand von Anhaltspunkten wie Kleidungsstil, Automodellen oder Fotoformat ließe sich das Foto dann zeitlich und inhaltlich bestimmen. Beate Schwietz: „Das ist ein wenig wie Detektivarbeit.“ Eine letzte und häufig erfolgreiche Methode zur Identifizierung von historischen Fotos sei die Einbeziehung von sogenannten „Heimathirschen“, die in der Regel die entscheidenden Hinweise liefern können.

Enge Verknüpfung mit dem Museum

Gut ein Jahr nach ihrem Dienstantritt in Schwerte skizziert Beate Schwietz das Schwerter Archiv wie folgt: „Der Bestand ist entsprechend der Größe der Gemeinde überschaubar. Nichtsdestotrotz braucht sich das Stadtarchiv Schwerte mit seinem historischen Bestand nicht zu verstecken. Die älteste Urkunde stammt aus dem 14. Jahrhundert.“ Dabei handele es sich um Grundstücksübertragungen auf Pergament. Als „besonders“ lobt die Stadtarchivarin „die enge Verknüpfung und Zusammenarbeit mit dem Ruhrtalmuseum. Historische Objekte und Dokumente ergänzen direkt einander.“ Als „kritisch“ bezeichnet sie „die räumlichen und personellen Engpässe im Stadtarchiv. Es mangelt dringend an Lagerplatz und personellen Kapazitäten. Insbesondere im Verzeichnungsbereich gibt es einen unheimlichen Nachholbedarf. Mit einer halben Stelle kann dieser Rückstand nur schwer aufgeholt werden.“

Mit ihrem Dienstantritt vor gut einem Jahr hat die Stadtarchivarin auch ein Benutzerbuch eingeführt, die Zahlen darin sind stetig steigend. Die meisten Besucher sind heimat- oder familiengeschichtlich oder auch wissenschaftlich interessiert. Noch in dieser Woche nimmt ein junger Mann im Stadtarchiv Recherchen für seine Masterarbeit auf. Das Thema lautet „Schwerte im 1. Weltkrieg“.

„Bufdi“ im Stadtarchiv: Omer Al Alsad sieht seine Zukunft in Schwerte

Archivpädagogische Aspekte

Da aber nach wie vor kaum junge Menschen den Weg ins Stadtarchiv finden, möchte Beate Schwietz mit archivpädagogischen Projekten auch den Nachwuchs für die Stadtgeschichte begeistern und als künftige Benutzer gewinnen. Im Januar fand erstmals ein Projekt im Rahmen der Bildungsinitiative „Archiv und Schule“ statt. Kinder einer dritten Klasse der Albert-Schweitzer-Grundschule lernten nicht nur die Einrichtung und einige Schlaglichter der Stadtgeschichte kennen sondern kamen auch ganz praktisch mit der altdeutschen Schrift in Berührung. „Geplant ist, das Projekt im nächsten Jahr auf den gesamten dritten Jahrgang der Schule auszuweiten, im Idealfall sogar in den Lehrplan zu implementieren“, zeigt die Archivarin auf. Darüber hinaus werden auch Kooperationen mit weiterführenden Schulen angestrebt.

Wenn Umbau und Sanierung der Alten Marktschänke und des Ruhrtalmuseums anstehen, dann muss das Stadtarchiv aus dem Obergeschoss des Museums ausziehen. Voraussichtlich 2017 wird es dann seinen neuen Standort im City Centrum einnehmen. Beate Schwietz: „Wünschenswert sind Räumlichkeiten mit einer größeren Magazinfläche und einem Lesesaal für die Archivbenutzer.“

 

Der Tag, an dem der belgische König im Kunstverein Schwerte anrief

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Aus dem Kunstverein am Wuckenhof wurde einst eine Höhle. Foto: Archiv Kunstverein
Ulf Weingarten schließt die Tür zum Kunstverein: Eine große Zeit ist zuende. Foto: Ingo Rous

Ulf Weingarten schließt die Tür zum Kunstverein: Eine große Zeit ist zuende. Foto: Ingo Rous

Schwerte. So geräuschlos sich der Kunstverein Schwerte im vergangenen Februar aus dem Schwerter Kulturleben verabschiedet hat, so fulminant war doch seine Kunst-Geschichte, die er in den 29 Jahren seines Bestehens in der Ruhrstadt geschrieben hat. Chapeau, so muss man sagen! Ulf Weingarten, Künstlerischer Leiter seit der ersten Stunde, war die DNA des Vereins, der viele Jahre sein Domizil im historischen Wuckenhof aufgeschlagen hatte. Der Kunstverein war sein Lebenstraum, ein einziges Abenteuer. In loser Folge wollen wir Blicke zurück in die bemerkenswerte Vereinsgeschichte werfen. Heute unter dem Titel: Der Tag, an dem der belgische König im Kunstverein Schwerte anrief.

Und das kam so: Schon lange vor Gründung des Schwerter Kunstvereins im Jahre 1987 waren Ulf Weingarten und Mechthild Heimann Stammgäste im Museum für Gegenwartskunst in Gent, dessen Direktor der legendäre Ausstellungsmacher und spätere Leiter der documenta IX, Jan Hoet seinerzeit war. Man begegnete sich in Vorträgen und anderen Veranstaltungen, knüpfte Kontakte und ließ sich schließlich von Hoets berühmter Ausstellung „Chambres d’Amis“ zur Bildung eines Kunstvereins in Schwerte inspirieren.

Gent zu Gast in Schwerte

Was lag da näher, als zum zehnjährigen Bestehen im November 1997 eine Ausstellung mit denen zu organisieren, die die Initialzündung gegeben hatten. „Gent zu Gast in Schwerte“ hieß denn auch die grandiose Bilderschau mit Meisterwerken der Gegenwartskunst, die Arbeiten von Künstlern wie Francis Bacon, Gerhard Richter, Joseph Beuys, Marlene Dumas, Rene Magritte, Bruce Naumann oder Marcel Broodthaers im Wuckenhof zusammen führte. Jan Hoet hatte gerne für Schwerte den Kurator gespielt und eine Ausstellung konzipiert, um die manches Kunstmuseum den Kunstverein beneidet hat. Zwei Tage lang weilten die Genter im Wuckenhof an der Kötterbachstraße, um ihre kostbaren Leihgaben, allesamt Meisterwerke aus der eigenen Sammlung, mit Akribie zu platzieren.

Der Museumsdirektor hatte die Schätze aus seinem Fundus völlig unbürokratisch nach Schwerte ausgeliehen. Ohne Vertrag, Handschlag genügte. Tag und Nacht mussten die kostbaren Stücke von Vereinsmitgliedern bewacht werden, „nur so war die Versicherungsgesellschaft bereit, einen Vertrag mit uns zu schließen – und das in einer Höhe, die wir nicht hätten aufbringen können, wäre uns nicht die Sparkasse Schwerte mit einer großzügigen Spende zu Hilfe gekommen“, wie sich Ulf Weingarten heute erinnert. Es gehört zu den wohl schönsten Erlebnissen im Kunstverein, dass „24 Stunden am Tag über den Zeitraum eines Vierteljahres Mitglieder ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben, damit wir die Ausstellung in Schwerte zeigen konnten“, blickt Weingarten zurück.

„Ich muss meinen König anrufen!“

Jan Hoet im Juni 2010 bei der Eröffnung vor der Skulptur "offer" von Johan Tahon. Foto: Archiv Kunstverein

Jan Hoet im Juni 2010 bei der Eröffnung vor der Skulptur „offer“ von Johan Tahon. Foto: Archiv Kunstverein

Mit großer Freude erinnert er sich auch an einen Vorfall wie diesen: Bei der Besprechung der Ausstellungsorganisation für „Gent zu Gast in Schwerte“ sprang Jan Hoet plötzlich vom Kaffeetisch auf: „Ich muss eben meinen König anrufen! Wo ist das Telefon?“ Er hatte mit König Albert II von Belgien, dessen Kunstberater er war, einen Anruf vereinbart und den Termin verschwitzt. Nach kurzem Telefonat schien das Gespräch beendet. Als wenig später das Telefon wieder klingelte sagte Jan Hoet: „Das ist mein König. Er wollte nicht, dass der Kunstverein das Telefongespräch nach Belgien bezahlen muss.“ Dann meldete er sich mit  „Kunstverein Schwerte – Jan Hoet“ – das  Gespräch mit Albert II dauerte eine gute halbe Stunde.

Seinen letzten Auftritt in Schwerte hatte Jan Hoet im Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010. Über seine besonderen Kontakte zu Hoet war es dem Kunstverein gelungen, mit Johan Tahon einen Bildhauer von Weltklasse für einen mehrwöchigen Arbeitsaufenthalt in der Ruhrstadt zu gewinnen. Vor den Augen der Öffentlichkeit erstellte Tahon am und im Wuckenhof eine Skulptur für den öffentlichen Raum, die in der Stadt bleiben sollte. Damit erhielt Schwerte eine Arbeit, wie sie sonst nur in den bekanntesten Ausstellungshäusern der Welt zu sehen sind. Zur Einweihung der Skulptur war Jan Hoet, Entdecker von Tahon, noch einmal an die Ruhr gereist. „The Offer“ heißt die Bronze-Skulptur, die im Landschaftspark hinter der Rohrmeisterei ihren Standort gefunden hat. „The Offer“ bedeutet im niederländischen „Das Opfer“ und im englischen „Die Gabe“ und zeigt eine männliche Figur, die in ihrer Struktur auf die Unendlichkeit des Universums verweist.

Raumdimensionen gerieten aus den Fugen

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In Raum 3 des Kunstvereins hatte Roland Geissel Wände, Fußboden und Decke bemalt und so die Dimensionen des Raums völlig aus den Fugen geraten lassen. Foto: Archiv Kunstverein

Die Räume des Kunstvereins selbst zum Kunstwerk gemacht hatten zuvor schon Künstler wie Roland Geissel, Horst Schuler und die Ausstellungsmacher von „Amorph“. Roland Geissel hatte in Raum 3 des Wuckenhofs Wände, Fußboden und Decke bemalt und so die Dimension des Raums völlig aus den Fugen geraten lassen: „Einerseits waren die Tiefendimensionen völlig verschoben, andererseits hatte der Raum einen fast zweidimensionalen, eher grafischen Charakter“, blickt Ulf Weingarten auf die Ausstellung „incantation“ im Mai/Juni 2002 zurück.

30 Jahre war er alt und schon war Horst Schuler eingeladen zur Teilnahme an der 7. documenta in Kassel. Es gibt keine documenta, zu der der Kunstverein nicht mindestens eine Fahrt organisiert hat. 1996 also lernten die Mitglieder das Werk von Horst Schuler kennen – und waren begeistert. Weingarten: „Dass Schuler dann in Schwerte ausstellte, ist eine allerdings an Zufällen reiche Geschichte.“ Schließlich aber verlegte er für 14 Tage sein Zuhause in die Räume des Kunstvereins. Während dieser Zeit entstand die Ausstellung „horstblauschuler“. Sie konnte nur durch die Mithilfe junger, kunstbegeisterter Männer aus Schwerte in so kurzer Zeit realisiert werden.

Durch Farbe gehen

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Blick von außen bei Eintritt der Dämmerung: Durch Farben gehen hieß die Ausstellung von Susanne Stähli. Foto: Archiv Kunstverein

Für die Ausstellung „Amorph“ mit Arbeiten von Tobias Hantmann, Skafte Kuhn, Seb Koberstädt und Andrew Palmer bestand der Beitrag von Koberstädt darin, Raum 1 des Kunstvereins in eine Kunst-Höhle umzubauen. Mit dem Raum mussten vier Jahre lang alle anderen Künstler umgehen und auf ihn reagieren. Das reichte von großen Wandmalereien bis zur annähernden Zerstörung dieses Kunstraums.

Aus den Kunstvereinsräumen Lichträume zu machen, das ist Susanne Stähli mit ihrer Ausstellung „Durch Farbe gehen“ gelungen. Weingarten: „Deutlicher ist in den fast 30 Jahren Kunstverein nie geworden, dass niemand „zweimal in dieselbe Ausstellung“ geht (frei nach Heraklits „Panta rhei“). Um überhaupt zu erfassen, was hier mit der Farbe und durch die Farbe geschah, musste man schon mehrfach kommen und möglichst auch die Frühöffnungszeiten (6 bis 9 Uhr) und die Nachtöffnungszeiten (20 bis 24 Uhr) nutzen. Der Wuckenhof erstrahlte, innen wie außen, in anderem Licht und öffnete einen neuen Blick für die Räume.

Auf den Spuren prächtiger Schnitzaltäre

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Der Altar der Dortmunder Petrikirche steht hinter Glas. Foto: Bruno Giersch

Schwerte. „Es kommt Bewegung in die Gemeinde!“ Das hatte die evangelische Kirche Schwerte angekündigt und am Wochenende zu einer Rundfahrt  zu berühmten Antwerpener Altären in Westfalen eingeladen, zu denen auch der prächtige Schnitzaltar von St. Viktor zählt. Unter fachkundiger Führung wurden die Kirchen St. Petri in Soest, St. Regina in Hamm, in Bielefeld die Altstädter Nicolaikirche und schließlich die Petri-Kirche in Dortmund angesteuert. Hier konnten die Teilnehmer das „Goldene Wunder“ bestaunen. Mit 5,65 Meter Höhe und 7,40 Meter Breite bei geöffneten Flügeltüren gilt der Dortmunder Altar als der größte erhaltene Antwerpener Altar.

Eine Detailaufnahme des Altars in Dortmund. Foto: Bruno Giersch

Eine Detailaufnahme des Altars in Dortmund. Foto: Bruno Giersch

Alle diese Altäre sind typische Vertreter der zu Beginn des 16. Jahrhunderts weithin gerühmten und exportierten Schnitzaltäre und zählen zum Besten, was die Antwerpener Schnitz- und Malkunst im 16. Jahrhundert hervorgebracht hat. Jeder Altar ist das Werk von Holzschnitzern, Schreinern und Malern, die auf Bestellung und nach Vorlagen zusammen gefügt wurden. Heute sind noch 250 Altäre bekannt. Fachleute schätzen, dass es sich dabei lediglich um fünf Prozent aller Antwerpener Schnitzaltäre handelt, die einst exportiert worden sind.

Und weil die Rundreise zu den berühmten Altären Westfalens einen solch großen Zuspruch fand, denkt Kirchmeister Ulrich Halbach bereits über eine weitere Bus-Rundfahrt nach. Geplant ist, erneut die mittelalterliche Kirchenstadt Soest anzusteuern und der Wiesenkirche, einem Kleinod gotischer Baukunst aus Grünsandstein, einen Besuch abzustatten. Anschließend soll die Reise zu den „Westfälischen Salzwelten“, dem neuen Erlebnismuseum in Bad Sassendorf, führen.

Christian Knackstedt ist gestorben

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Christian Knackstedt. Foto: privat

Upgant-Schott. Als sich Christian Knackstedt in seiner ihm eigenen leisen und bescheidenen Art aus dem Trubel des Schwerter Arbeitslebens 1987 in seiner beschaulichen Wahlheimat Upgant-Schott in Ostfriesland in den wohlverdienten Ruhestand zurückziehen wollte, da umwarben bald schon die Medien den Schwerter und seine farbenfrohen Bilder. Wer hätte geahnt, dass er hier im hohen Norden eine zweite Karriere als Maler starten würde? Am vergangenen Montag ist Christian Knackstedt (84) nach langer, schwerer Krankheit in seiner zweiten Heimat im Landkreis Aurich gestorben.

Von Schwerte in den Norden

Als der langjährige Mitarbeiter der Schwerter Sparkasse in den Ruhestand ging und sein Haus in Schwerte veräußerte, da zog er mit Ehefrau Inge in die idyllische Samtgemeinde Upgant-Schott, bis dahin beliebtes Feriendomizil der Familie. Bald schon sorgte Christian Knackstedt mit seinen expressiven Bildern für Aufsehen. Kein Wunder, hatte ihn doch sein Freund und Meister, der Schwerter Karikaturist und bildende Künstler Bernd Gutzeit, seit Mitte der 1970er Jahre an die Hand genommen und an die Malerei herangeführt. Bald schon rückten Fernseh- und Rundfunkteams sowie Journalisten der schreibenden Zunft an und schauten dem Maler in seinem Atelier am Cramersweg 9 in Upgant-Schott über die Schulter. Ausstellungen führten Knackstedt nicht nur in Kunsthäuser im hohen Norden sondern auch in die Ruhrstadt zurück. Mit seinen „Mallorquinischen Impressionen“ sorgte er für farbenfrohe Tupfer bei der Einweihung des Schwerter Hospizes am Alten Dortmunder Weg.

Kontakt ist niemals abgerissen

Obwohl inzwischen bald 30 Jahre ins Land gezogen sind, seit Christian Knackstedt und Ehefrau Inge ihr schönes Friesenhaus in Upgant-Schott bezogen haben, so ist doch niemals der Kontakt zu Schwerte abgerissen. Regelmäßig riefen die Freunde an, schickten Zeitungsartikel aus Schwerte und besuchten das Paar an der grünen Küste. Nicht selten landete dann eine Arbeit des Malers auf der Heimreise an die Ruhr im Kofferraum. Seine „leuchtenden Farbvergnügen“, wie Kritiker seine Bilder feierten, malte Knackstedt in einer ehemaligen Schlachterei, unmittelbar gegenüber seiner Haustür gelegen. Ein kleines Gebäude zwar, immerhin aber wurden dort einst bis zu einem halben Dutzend Schweine am Tag geschlachtet. Die eisernen Haken und Ketten an der Kappendecke waren stumme Zeugen dieser Vergangenheit.

Der Erde näher als den Gestirnen

Seit der gebürtige Dortmunder, der zuletzt 17 Jahre bei der Sparkasse Schwerte gearbeitet hatte, in Ostfriesland lebte, da lieferte das Meer ihm die meisten Materialien. „Meine Bilder sind Landschaften, in denen man sich der Erde näher fühlt als den Gestirnen“, kommentierte der Maler einst sein Werk.

An Schwerte hat er oft und gerne zurück gedacht. „Natürlich, die Stadt hat mir viel gegeben. Dort habe ich mein Abitur gebaut, meine Frau Inge (geborene Oelrich, Anm. der Red.) kennen gelernt. Schwerte war für mich eigentlich die Heimat“, blickte er einst „auf diesen pulsierenden Moment in meinem Leben“ zurück. Jetzt hat Christian Knackstedt im hohen Norden seine letzte Ruhestätte gefunden.

29 Jahre Kunstverein: Von Rosemarie Trockel bis zu Thomas Klegin

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„Das schlafende Haus“ in den von blauem Licht durchfluteten Räumen des Kunstvereins während der Ausstellung „OrtRaum Sommernacht“ von Kazuo Katase. Fotos: Archiv Kunstverein

Schwerte. So geräuschlos und unbemerkt von der Öffentlichkeit sich der Kunstverein Schwerte im Februar diesen Jahres aus dem Kulturleben verabschiedet hat, so fulminant war doch seine Kunst-Geschichte, die er in den 29 Jahren seines Bestehens in der Ruhrstadt geschrieben hat. Chapeau, so muss man sagen. Mit Unterstützung von Ulf Weingarten, Künstlerischer Leiter seit der ersten Stunde, blättern wir im Archiv dieser bemerkenswerten Vereins-Vergangenheit. Heute: Von Rosemarie Trockel über  Kazuo Katase zu Thomas Klegin.

Los ging’s mit einem Strafmandat

Rosemarie Trockel vor der für Schwerte gefertigten Fotoübermalung „Sankt Viktor“, heute im Foyer der VHS

Rosemarie Trockel vor der für Schwerte gefertigten Fotoübermalung „Sankt Viktor“, heute im Foyer der VHS

Es ging los mit … einem Strafmandat. Rosemarie Trockel kam zum ersten Mal als Künstlerin in die Stadt, es war im Winter 1990, parkte in der Kampstraße vor dem Schaufenster von Haus Nr. 13, in dem der Kunstverein sein erstes Domizil aufgeschlagen hatte, ordnungsgemäß vor dem Schild des Parkverbotsanfangs. Bald schon prangte ein Strafzettel an ihrer Windschutzscheibe. Rosemarie Trockel nahm es gelassen: „Vielleicht taucht das noch einmal in einer meiner Arbeiten auf.“ Erst nach langem Hin und Her mit dem Ordnungsamt wurde das Strafmandat zwar nicht zurückgenommen, aber das Verbotsschild wurde um einige Meter versetzt, um Park-Missverständnisse künftig auszuschließen.

Rosemarie Trockel, heute in der Weltrangliste der Künstler ganz an der Spitze, wurde 1952 in Schwerte geboren – „zufällig“, wie sie betont. Als sie sich etwas vor der Zeit in die Welt drängte, da war ihre Mutter, eine geborene Müller, gerade bei den Eltern zu Besuch. So kam Rosemarie Trockel im Schwerter Marienkrankenhaus zur Welt. Ansonsten verbänden sie, wie sie bei ihren Besuchen in der Ruhrstadt immer wieder gerne betont, nur positive Gefühle mit Schwerte, weil sie viele ihrer Schulferien bei den Großeltern am „Nordwall“ verbrachte. Und wenn sie dann dort am Fenster saß, sah sie ab und an die Bauern mitten in der Stadt ihr Heu einfahren. Kein Wunder, dass ihre erste Ausstellung in Schwerte zu einer Hommage an diesen Geburts- und Ferienort geriet. Es begann 1990 mit dem Ausstellungstitel „Müllers Tochter“. Das Plakat zeigt einen mit einer Plastikplane abgedeckten Heuhaufen, in dem auch ein Gesicht angedeutet scheint, für das die Plane zum Kopftuch wird. Für die Stadt schuf sie damals die Fotoübermalung von St. Viktor, die heute im Foyer der VHS zu sehen ist. Neben anderen Überraschungen für die Schwerter hatte sie in ihrer dritten Ausstellung erneut eine Arbeit für Schwerte konzipiert, diesmal für den Ratssaal. Einen Tag lang hatte sie im Wuckenhof, dem zweiten Domizil des Kunstvereins, ihr Fotostudio eingerichtet und nach Maßstäben der Kriminalfotografie „en face“ und „en profil“ Schwerter Straßenhunde fotografiert. Die Stadt allerdings hatte leider nicht den Mut, diese Arbeiten anzukaufen. Sie ist aber zu sehen in dem Dokumentarfilm, der zum 600jährigen Bestehen der Stadt gedreht worden ist.

Auf der ganzen Welt vertreten

Das Tor zur Stadt stand Rosemarie Trockel immer weit offen, was sie denn auch mit ihrer Brunnen-Installation „Less sauvage than others“ („Weniger wild als andere“) auf dem Rohrmeisterei-Plateau und der temporären Installation „Schneeweiß“ im Winter des Jahres 2006 auf demselben Gelände noch unterstrich.

Auf der ganzen Welt ist Rosemarie Trockel inzwischen mit Ausstellungen vertreten und ebenso weltweit mit Ehrungen ausgezeichnet worden. Nichts liegt ihr allerdings ferner, als sich selber in den Mittelpunkt zu stellen oder sich auch nur dort verortet zu sehen. Dazu eine Anekdote: Als ihr 2004 im Kölner Museum Ludwig der Wolfgang-Hahn-Preis verliehen wurde, da schien die Künstlerin der Veranstaltung nicht beizuwohnen, auch während der Laudatio war sie nirgends zu sehen. Als die kleine Schwerter Gruppe, die dem Ereignis beigewohnt hatte, den Saal verließ, da stand die Trockel vor der Türe. Verdutzte Gesichter und dann ihre Erklärung: „Ich wäre schon längst weg, aber ich habe gedacht, vielleicht sind ja welche vom Schwerter Kunstverein hier. Auf Sie habe ich gewartet.“

Wegbereiter für Kazuo Katase

kv-kataseAuch eine andere Installation im Landschaftspark der Rohrmeisterei dürfte es wohl kaum ohne den „Wegbereiter“, den Kunstverein Schwerte, auf das Plateau geschafft haben: Die Lichtskulptur „Helle Kammer“ des Japaners Kazuo Katase. Man schrieb das Jahr 1986, als sich kunstinteressierte Schwerter von Jan Hoets berühmter Ausstellung „Chambres d’Amis“ in Gent zur Bildung eines Schwerter Kunstvereins inspirieren ließen. Die Leute standen Schlange vor der Installation „Kreuztragung“ von Katase. „Lohnt es die Mühe?“ wandte sich eine Frau an die Schwerter Gruppe. Sie scheute sich, eine Wartezeit von etwa 45 Minuten in Kauf zu nehmen. Antwort der Schwerter: „Wohl kaum eine andere Arbeit eher als diese!“ Nach der Gründung des Kunstvereins ein Jahr später dann irgendwann dieser Wunsch: Einmal Katase! Aber das wurde ein langer Prozess. Irgendwann der resignierende Gedanke, dass man seine Ziele vielleicht auch zu hoch gesteckt haben könnte. Und dann der beglückende Anruf: „Ja, wir können zusammen eine Ausstellung planen.“ Die Freude war einfach riesig!

Das Licht und die Kunst

Bei der Ausstellung „OrtRaum Sommernacht“ im Jahre 1999 ging der Künstler, der hauptsächlich raumbezogen arbeitet, sehr spezifisch auf die Räume im Wuckenhof ein. Immer wieder wurde deutlich, dass ein wesentliches Element in der Kunst von Kazuo Katase das Licht ist. So wurde der Lichteinfall in die Räume genau beobachtet, die Positionen der Objekte exakt darauf abgestimmt, selbst ein Fensterschatten wurde aus Karton nachgebildet und unter der Decke positioniert, wo er zur entsprechenden Tageszeit von der Sonne immer wieder leicht erhellt wurde. Seine Arbeit „Das schlafende Haus“ in den von blauem Licht durchfluteten Räumen betörte die Besucher. Katase ist ein Künstler, bei dem nichts im Ungefähren bleibt. Der Stuhl, der wie durch die Wand schwebend im Raum 2 angebracht werden sollte, bereitete dem Künstler wegen der Beschaffenheit der Wände technische Probleme. Schließlich war es geschafft, aber Katase war keinesfalls zufrieden. Die Position stimmte nicht, da musste alles wieder demontiert werden. War es Zufall oder Bestimmung, dass ausgerechnet in dieser Situation der Schwerter Künstler Thomas Klegin auftauchte und Katase  ruhig und gezielt zur Seite sprang? Da hatten sich zwei gefunden, für die es auf den Millimeter ankommt. Und endlich war es soweit: Der Stuhl schwebte durch die Wand in den Raum, jetzt stimmte die Arbeit perfekt und versetzte in dem blau gefärbten Raum-Licht den Besucher in eine andere Welt.

Gefeierte Installationen von Thomas Klegin

Überraschend, hintergründig, geheimnisvoll: Mit höchstem Lob aus berufenem Munde und zahlreichen Preisen bedacht worden sind auch die gefeierten Installationen von Thomas Klegin. Der Mann ist ein Sammler aus Leidenschaft, der aus ausrangierten Alltagsgegenständen opulente Kreationen schafft. War er einst auf Türen, Stühle oder ausgediente Weihnachtsbäume versessen, so konzipierte er später aus 17 Tonnen  Zeitungs-Altpapier ein verschachteltes Haus im Haus für die Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck. Kein Wunder, dass der Schwerter Kunstverein den Künstler in einer umfangreichen Werkschau mit einer Einzelausstellung in seiner Heimatstadt würdigen wollte.

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Installation aus Kiefernnadeln. Mit geometrischen Formen aus völlig unregelmäßigem Material und dem Wechselspiel von Halbkreis und Rechteck schafft es Thomas Klegin auch hier, Widersprüche zu einer Einheit zusammenzufügen.

„Prolog“ war die Ausstellung im Frühjahr 2012 im Wuckenhof überschrieben, die parallel zur Ausstellung seiner Studenten in der Hauptstelle der Sparkasse präsentiert worden ist. Es war das größte Geburtstagsgeschenk, das sich der Kunstverein zu seinem 25-jährigen Jubiläum erfüllte. Einmal mehr erwies sich der Künstler als Meister darin, die Widersprüche der Welt anscheinend mit leichter Hand zur Sprache zu bringen. Für Klegin war diese Ausstellung eine besondere Herausforderung. Als Bildhauer hatte er bislang bundesweit bei temporären Großprojekten ganze Häuser und Plätze bespielt, jetzt galt es, sich im vergleichsweise winzigen Wuckenhof mit ausgesprochen kleinen Spielflächen zu begnügen. Gleichwohl gelang es ihm einmal mehr, mit seiner Kunst alle Sinne zu berühren. So hatte er in den hellsten und schönsten Raum des Kunstvereins säckeweise „Natur pur“ hineingeschleppt: Nadeln der Schwarzföre, einer vor allem in Österreich vorkommenden Kiefern-Art mit hohem Harzgehalt. Eine rechteckige Mauer und ein halbrundes Iglu, geschichtet aus eben diesen Kiefernnadeln, bildeten diese beeindruckende Raumplastik. Ein Natur-Kunstwerk, das die Besucher in Staunen versetzte. Allein schon der Duft, den es ausströmte. Ganz großes Kunsterlebnis auf kleinem Raum.

Bildstock – Die Skulptur im öffentlichen Raum

Wie von Rosemarie Trockel und Kazuo Katase so gibt es auch von Thomas Klegin eine Skulptur im öffentlichen Raum. „Bildstock“ ist seine Arbeit überschrieben, die auf dem Cava-dei-Tirreni-Platz steht: Ein Stahlmast, an dem elf Verkehrsspiegel  von unterschiedlicher Größe befestigt sind. Die Spiegel erfassen das Umfeld der Fußgängerzone und reflektieren es dem Betrachter. Sehr bewusst hat der Künstler seine Spiegel in ihrem Winkel, ihrer Höhe und Richtung zur Umgebung hin ausgerichtet. So zeigen sich dem Vorübergehenden Perspektiven, die er ohne den „Bildstock“ nicht wahrnehmen könnte. Kein Zufall, dass einer der Spiegel den Turm von St. Viktor spiegelt.

Die Mitwirkung des Künstlerischen Leiters des Kunstvereins in der Stiftung Kultur der Sparkasse hat auch dazu beigetragen, dass es heute den „Bildstock“ auf dem Cava-Platz gibt.

Art Hotel im Wuckenhof könnte die Krönung sein

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Schwerte. Die Stadt an der Ruhr beeindruckt durch eine ganz besondere Stärke: Die Schwerterinnen und Schwerter zeigen großes Interesse an der Entwicklung ihrer Stadt und bringen sich seit vielen Jahren engagiert in das Gemeinwohl ein. Und: Die Stadtverwaltung ist offen für Neues. Gemeinsam schickt man sich soeben an, das stadthistorische Quartier rund um St. Viktor über den alten Marktplatz und den Denkmal geschützten Wuckenhof enger an die Altstadt und die Rohrmeisterei anzubinden. Mit einer zentralen Kulturachse rüstet sich die Ruhrstadt für morgen. Ein „Art Hotel Schwerte“ im Wuckenhof könnte die Krönung sein.

Björn Nolte, gebürtiger Schwerter und seit Anfang 2016 Professor für Architektur und Stadtentwicklung in Bochum, hat eine Vision. Im historischen Wuckenhof an der Kötterbachstraße könnte sich dereinst ein Hotel mit Kunst und von Künstlern gestaltet etablieren. Nennen wir es „Art Hotel Schwerte“, in dem sich die Gäste im stilvollen Ambiente genussvoll entspannen können. „Einen besseren Standort zwischen den Perlen St. Viktor und Rohrmeisterei gibt es nicht“, wirbt Nolte für seine Idee. Dabei kann sich der 41-Jährige durchaus auch vorstellen, dass sich das ehrgeizige Vorhaben mit einem ortsansässigen Hotelier verwirklichen ließe.

Tiefgarage spielt zentrale Rolle

Damit nun die zentrale Kulturachse gelingt, soll eine neue, fußläufige Wegeverbindung her, die zwischen Marktplatz und Rohrmeisterei über den Wuckenhof führt. Keine Frage für Björn Nolte, „dass die Tiefgarage unter dem Markt bei alledem eine ganz zentrale Rolle spielt.“ Etwa, um die angespannte Parkplatzsituation an der Rohrmeisterei deutlich zu entschärfen und um die Besucher via Rohrmeisterei und Ruhrauen ohne Barrieren in die Altstadt zu führen. Mit einem Aufzug von der Tiefgarage auf den Markt sowie den neuen Fußwegen, zeigt Nolte weiter auf, ließen sich „ganz viele Probleme auf einmal lösen.“ Zudem könnten aufgelockerte Platzgestaltungen, in dem der grüne Daumen regiert, integriert und somit das gesamte Quartier neu belebt werden. „Klar kann ich von überall die Rohrmeisterei fußläufig erreichen“, greift Nolte entsprechende Diskussionen in der Bürgerschaft auf, „es macht aber Sinn, eine neue, direkte Wegeverbindung zu schaffen und die extrem nahe Tiefgarage unter dem Markt einzubinden.“ Die drei verbliebenen Vorschläge aus dem Wettbewerb Schwerte „Zwischen Stadt und Fluss“, über die der Planungsausschuss im Februar entscheiden will, „gehen alle in die richtige Richtung“, lobt Nolte die Entwürfe der Planergruppen.

Apropos Belebung. Nachdem der Stadteingang am Bahnhof eine gestalterische Aufwertung erfahren hat gelte es nun, das Entree in die Innenstadt aufzumöbeln, was auch das städteplanerische Handlungskonzept vorsieht, das für die Innenstadtentwicklung 2013 erarbeitet worden ist. Für die Bahnhofstraße schlägt Nolte vor, bereits im oberen Bereich Außengastronomie anzusiedeln und mehr Grün in die Straße zu holen.

Gute Grundsubstanzen in der Bahnhofstraße

Als „größten Schwachsinn“ kritisiert der Professor die Ansiedlung von Rewe und Aldi am Bahnhofsvorplatz. Anstatt diese Händler „ins City Centrum zu packen“, lenkten sie nun die Kundenströme an den Rand der Innenstadt.  Für die Bahnhofstraße insgesamt gelte es, „erst grundlegende Impulse zu schaffen und nicht gleich an jeder Ecke einen Brunnen oder Bachlauf  anzulegen und zu denken, damit ist es jetzt getan.“ Der bestehenden Bebauung an der Bahnhofstraße bescheinigt der Experte „viele gute Grundsubstanzen, die ausbaufähig sind.“ Zur Attraktivitätssteigerung der Ladengeschäfte wünscht er sich „die ein oder andere Außenbühne.“ Zudem zeigt Nolte die Möglichkeit auf, die Bahnhofstraße umzuwidmen und als Fußgängerzone direkt in die Hüsingstraße einmünden  zu lassen, „das könnte auch C & A zu einem besseren Entree verhelfen.“

Fußgängerzone beleben

Als „Schwerter Problem“ skizziert Björn Nolte die Vorgehensweise der heimischen Planer, „an zu vielen Baustellen zu arbeiten, anstatt das Grundproblem anzupacken.“ So gelte es, dem durch die Konkurrenz Internet drohenden Ausbluten der Innenstadt entschieden entgegen zu wirken. Außerdem schien die Stadt als zentraler Ort, dem Automobil sei Dank, lange Zeit ausgedient zu haben. Im 21. Jahrhundert aber feiere die Stadt ihr Comeback, und Aufbruch und eigene Ausstrahlung seien unbedingt erwünscht. Auf dem Weg dahin schlägt Nolte vor, „den Marktplatz aufzubrechen und die Fußgängerzone mit zusätzlichen Marktständen zu beleben.“ Dabei sollten durchaus  auch Anbieter von außerhalb eingebunden werden. Ohnehin könnte sich der Schwerter Wochenmarkt Anleihen zur Attraktivitätssteigerung beim Markt am Carlsplatz im Herzen von Düsseldorf holen, ein Angebot, das seinesgleichen suche: Frische, Qualität und Vielfalt, gebündelt an einem Ort. Zudem seien viele Sehenswürdigkeiten nur einen Katzensprung vom Carlsplatz entfernt. Ähnliche Verhältnisse, betont der Architekt,  finde man praktisch in der Schwerter Innen- und Altstadt vor. Ganz wichtig bei alledem sei, „den Marktplatz neu zu definieren als Quartiersplatz“, als Scharnier zwischen Innen- und Altstadt und Ruhr.

Auf Tour durch die Stadt: Prof. Björn Nolte und die Schwerter Journalistin Ilka Heiner.

Auf Tour durch die Stadt: Prof. Björn Nolte und die Schwerter Journalistin Ilka Heiner.

City Center der Schwachpunkt

Als „größten Schwachpunkt für eine neue, markante Mitte“ nennt der Stadtentwickler das längst in die Jahre gekommene City Centrum am Markt. Als eine Möglichkeit, die Immobilie in die Zukunft zu führen, schlägt Nolte vor, das Erdgeschoss aufzureißen und für eine überdachte Markthalle herzurichten. Ein alter Bau mit neuem Standard. Hilfreich könnte zudem sein, „den Grundgedanken von einst neu zu interpretieren.“ Sprich, das Gemäuer zu einem modernen Ort zu sanieren, ohne die alten Vorgaben aus dem Blick zu verlieren. Auf alle Fälle aber sollte dem City Centrum die Aufgabe zufallen, die Verbindung zwischen Kirche und Innenstadt zu schärfen. Zumal das Ensemble an St. Viktor  „mit seiner handverlesenen Architektur und hohen Aufenthaltsqualität ein Pfund ist, mit dem es zu wuchern gilt.“ Ganz wichtig sei zudem, „dem Quartier einen Namen zu geben und zu einer Marke zu machen.“  Zu einer städtebaulichen Aufwertung gehörten auch die Eigentümer mit ins Boot, schließlich seien auch sie „mitverantwortlich für die Stadtentwicklung.“

Alternative Wohnprojekte

Zur weiteren Attraktivitätssteigerung der Schwerter Innenstadt empfiehlt der Planer, alternative Wohnprojekte in die Ruhrstadt zu holen. So böten beispielsweise Dachaufstockungen ein großes Potenzial, mehr und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen und den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten. Bundesbauministerin Barbara Hendricks kommentiert das so: „Mit einer maßvollen Verdichtung in den gefragten Innenstadtlagen können neue Wohnungen entstehen, ohne zusätzliche Flächen zu versiegeln.“ Für all diese und andere Maßnahmen aber „muss es einen Moderator geben, der das steuert“, fordert Björn Nolte, „der Menschen mitnimmt und auch führt.“ Wichtig sei auf alle Fälle „ein ganzheitliches Konzept.“

DieKunst im öffentlichen Raum

Dazu zählt natürlich auch die Kunst im öffentlichen Raum. Und da möchte Stadtentwickler Nolte noch eine weitere Idee in die Debatte um eine schönere Stadtlandschaft einbringen: Die Skulpturenmeile der „Stiftung Kultur“ der Stadtsparkasse könnte fortgesetzt und über die neue Achse zum Rohrmeisterei-Plateau geführt werden. Schließlich habe die Sparkasse mit den skulpturalen Arbeiten von Thomas Klegin (Cava-Platz), Ingrid Langanke (Bethunestraße), Maik und Dirk Löbbert (Stadtpark) sowie Prof. Albert Hien (Postplatz) deutliche Akzente in der Innenstadt gesetzt. Auf dem Plateau an der Rohrmeisterei fände die Skulpturenmeile mit der metallenen Figur von Johan Tahon, dem Raum-Körper von Kazuo Katase und der Wasserskulptur von Rosemarie Trockel ihren (vorerst) grandiosen Abschluss. Björn Nolte: „Das muss man sich mal vor Augen führen, was schon alles da ist an Kunst im Stadtbild. Ein Pfund, mit dem man unbedingt wuchern kann!“ Und wenn dann noch dazu die „Sternstunden am Bösendorfer“ erklingen, dann sind verschiedene Disziplinen wie Musik und Kunst, Landschaftsplanung, Stadtentwicklung und Architektur zu einem stimmigen Ganzen vereint!

Prof. Björn Nolte

Prof. Björn Nolte

Der gebürtige Schwerter Björn Nolte hat Architektur in Bochum und anschließend Baukunst an der Kunstakademie Düsseldorf studiert. Zu seinen Professoren in Düsseldorf zählten Laurids Ortner, der gemeinsam mit Bruder Manfred Ortner (Ortner + Ortner) das MuseumsQuartier Wien gestaltet hat, eines der größten Kulturzentren Europas. Ein weiterer Lehrmeister war Axel Schultes, der gemeinsam mit Charlotte Frank das Bundeskanzleramt in Berlin entworfen hat. Im Aufbaustudium bei Schwertes weltberühmter Tochter Rosemarie Trockel, die ebenfalls an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrt und in der Weltrangliste der Kunst auf Platz 4 geführt wird, konzipierte Nolte ein Künstlerhaus. Im Jahr 2005 erfolgten Bürogründungen in Bochum und Düsseldorf.

Seit Anfang 2016 unterhält Dipl.-Ingenieur Nolte eine Professur für Architektur und Stadtentwicklung an der privaten EBZ Hochschule in Bochum. Eine Hochschule unter Trägerschaft der gemeinnützigen Stiftung EBZ, Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.

Um die Thematik Architektur und Stadtplanung noch mehr als bisher im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern schlägt Nolte vor, einen Runden Tisch Baukultur ins Leben zu rufen.

 

 

Art-Hotel am Wuckenhof: Tourismus liegt im Aufwärtstrend

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Schwerte. Lange schon hat der historische Wuckenhof im Herzen der Altstadt seine frühere Anziehungskraft verloren. Das Erdgeschoss steht leer seit der Schwerter Kunstverein nach seiner Schließung Anfang des Jahres ausgezogen ist. Eher versteckt liegt das schöne Fachwerkgemäuer hinter dem großen Marktplatz, eine neue Wegeverbindung soll her und die weitere Verknüpfung von Innenstadt, Altstadt und Rohrmeisterei verbessern und aufwerten. Auch ein Hotel könnte im Wuckenhof seinen idealen Standort finden. Davon jedenfalls sind Anja Schröder und Dr. Christian Schmidt, Betreiber des Mini-Hotels an der Mühlenstraße 1 am Eingang der Altstadt, überzeugt: „Der Bedarf ist da. Der Tourismus in Schwerte wird weiter zunehmen.“

Es gibt keinen besseren Standort

Damit reagieren sie auf den Vorschlag von Architekt und Stadtentwickler Björn Nolte, der nach einem Rundgang durch Schwertes Innen- und Altstadt angeregt hatte, im Wuckenhof ein „Art Hotel Schwerte“ einzurichten, in dem sich die Gäste in stilvollem Ambiente genussvoll entspannen können. „Einen besseren Standort zwischen den Perlen St. Viktor und Rohrmeisterei gibt es nicht“, warb der Professor für seine Idee. Das sieht Christian Schmidt genauso, hat er doch mit seinem Mini-Hotel, nur wenige hundert Meter von der Ruhr entfernt gelegen, nach einer ersten Anlaufzeit die Erfahrung gemacht, „dass sich die Anfragen überschlagen.“ In Spitzenzeiten, listet er auf, kommen am Tag zwei bis fünf Anfragen. Da sein Mini-Hotel nur zwei Zimmer vorhalte, müsse er leider Absagen erteilen. Zum Glück funktioniere aber die Zusammenarbeit mit dem Hotel Reichshof am Bahnhof ausgezeichnet, „und so vermitteln wir an die und die an uns.“

Mini-Hotel lockt Menschen an

Insgesamt, zieht Schmidt nach gut vier Jahren Erfahrung mit seinem Bed & Breakfast-Angebot in der Altstadt Bilanz, „liegt der Tourismus in Schwerte deutlich im Aufwärtstrend.“ Und macht das allein schon an seiner Gästestruktur fest: „Ca. 850 Gäste können wir pro Jahr begrüßen – inzwischen aus 24 Ländern.“ Im Winter kämen mehr Geschäftsleute, im Sommer zu 50 bis 60 Prozent Radtouristen, denen das Mini-Hotel gleich einen kleinen Katalog an Touren in die nähere und weitere Umgebung an die Hand gibt. Zudem buchten viele Kinder, die ihre Eltern in Schwerte besuchen, und Eltern, die ihren Kindern in der Ruhrstadt einen Besuch abstatten wollen, ein Zimmer in der Mühlenstraße. Auch viele Hochzeitsgäste, die in der Rohrmeisterei oder im Freischütz den Bund fürs Leben feiern, ließen sich im Mini-Hotel nieder. „Und ganz viel Messegäste, die in Köln, Düsseldorf oder Dortmund unterwegs sind, kommen zu uns“, zeigt Schmidt eine ebenfalls wachsende Klientel auf. Denn zu Messezeiten stiegen die Übernachtungskosten in den Metropolen in teils ungeahnte Höhen. Und seit der Dortmunder Flughafen vermehrt auch Osteuropa anfliegt, hätten auch die Zahlen von Touristen aus dem Osten deutlich zugelegt. „Ich würde das sehr begrüßen, wenn wir am Wuckenhof ein größeres Angebot an Zimmern und ein Hotel mit nicht störender Kultur hätten“, zieht Schmidt nach vier Jahren Mini-Hotel Resumee. An multifunktionalen Möglichkeiten im Denkmal an der Kötterbachstraße kann er sich „Lesungen, ein Literatur-Cafe und auch Kunstausstellungen gut vorstellen.“

Auch in der Lösung der Stellplatzfrage sieht Christian Schmidt kein Problem. Da könne man auf Parkplätze in der Tiefgarage unter dem Markt zurückgreifen, „der Gast muss dann nur noch ein paar Meter seinen Koffer rüber schleppen.“ Zum Schluss führt Schmidt noch eine weitere Zahl als Argument für ein zusätzliches  Hotel in der Innenstadt ins Feld: „Allein auf unserer Internetseite haben wir zwischen 500 und 1000 Klicks im Monat, die auf der Suche nach einem Hotel in Schwerte sind.“

Art Hotel im Wuckenhof könnte die Krönung sein


Montags im Museum: Thomas Meissner über Galaglanz und unbändige Spielfreude

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Schwerte. Wenn Thomas Meissner am Montag (12. Juni, 20 Uhr) im Rahmen der Reihe „Montags im Museum“ einen Einblick in seine Arbeitswelt vermittelt, dann wird der Technische Direktor des Dortmunder Theaters  von Galaglanz, Wunderwelten, unbändiger Spielfreude und hinreißenden Premieren erzählen.  „Gehen wir gemeinsam auf die Reise durch die komplizierte und wunderbare Welt des Theaters und der Musik“, lädt der 59-Jährige sein Publikum ein.

Eigentlich wollte Thomas Meissner, 1957 geboren in Rendsburg/Schleswig-Holstein, Architekt werden, besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg, baute sein Abitur und ließ sich zum Holzmechaniker an der Krögerwerft in Rendsburg ausbilden. Dann aber kamen dem jungen Mann Zweifel. Irgendetwas mit Kunst, Menschen und Technik schwebte ihm vor. Und als ihn eine Freundin zum Ernst Deutsch Theater Hamburg mitnahm, da war es um ihn geschehen. Ausbildungen zum Bühnen- und Beleuchtungsmeister schlossen sich an, eine erste Tournee führte ihn mit Katja Ebstein durch die Lande. 1985 engagierte ihn das Staatstheater Stuttgart als Bühnenmeister für das große Haus. Weitere Stationen folgten: das Theater am Neumarkt in Zürich, das Thalia Theater in Hamburg, das Theater der Bundesstadt Bonn und das Düsseldorfer Schauspielhaus. Von dort wechselte der Technische Direktor im November 2009 an das Theater Dortmund, ein lebhaftes Mehrspartentheater mit hoher Produktionsdichte und engagiertem Team.

Ein quiliger Melting Pot

Thomas Meissner, der sich als Schnittstelle  und Dialogpartner zwischen Technik und künstlerischen Sparten sieht, hat mit zahlreichen namhaften Regisseuren, Choreographen und Bühnenbildnern zusammen gearbeitet, so u.a. mit Jürgen Flimm und Robert Wilson in Hamburg, Hans van Manen in Stuttgart, Claus Peymann in Wien oder Peter Sellars in Chicago. Jetzt steht eine weitere Herausforderung an: Unmittelbar nach der Internationalen Ballettgala, zu der Dortmunds Ballettdirektor Xin Peng Wang am 24. und 25. Juni ins Dortmunder Opernhaus einlädt, geht es für die Tänzerinnen und Tänzer nach China. Dort wird in Peking und Xi’an Wangs umjubeltes Ballett  Faust II – Erlösung! zu sehen sein, eine viel diskutierte Interpretation von Goethes Opus Magnum. Auch davon wird Thomas Meissner bei „Montags im Museum“ berichten, was es bedeutet, die Bühnenbilder, Requisite, Kostüme, Masken und Beleuchtung nach China zu transportieren. In Containern und mit dem Zug von Duisburg oder Hamburg bis nach Zhengzhou in die Hauptstadt der Provinz Henan in der Volksrepublik China. Von dort aus sind es noch einmal 750 Kilometer bis nach Peking. Das Theater Dortmund – ein quirliger Melting Pot!

Wer einmal einen Blick hinter die Kulissen der Dortmunder Bühnen werfen möchte, den lädt der Technische Direktor zu einer Führung durch die Werkstätten, den Malersaal, über die Bühne und mit anschließendem Vorstellungsbesuch ein. Die Teilnehmerzahl ist allerdings begrenzt, „ich kann aber zwei Termine im Herbst anbieten“, fügt Thomas Meissner noch schnell hinzu. Mehr dazu beim nächsten Abend in der gläsernen Museumshalle  im Schatten von St. Viktor. Beginn ist um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei. Über eine Spende freut sich der Förderverein des Ruhrtalmuseums.

Susanne Schneider: Glaubwürdigkeit ist die härteste Währung der Politik

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Schwerte. Knapp fünf Wochen nach der NRW-Landtagswahl im Mai haben sich die Spitzen von CDU und FDP auf die Bildung einer neuen, schwarz-gelben Landesregierung geeinigt. Mit dabei war auch die FDP-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Unna I, Susanne Schneider, die einzige Schwerter Stimme im Landtag zu Düsseldorf. Schneider war Mitglied in der Verhandlungskommission für Arbeit und Soziales und bearbeitete den Themenbereich Gesundheit. Zurück in ihrer Heimat Schwerte wünscht sie sich Konsens in der kommunalen Politik darüber, „dass sich für die Rohrmeisterei, für die unzureichende Parksituation und die Wegeverbindung zum Marktplatz endlich eine vernünftige Lösung findet.“ Einen Steinwurf weiter, im benachbarten Wuckenhof,  könnte sie sich „auf jeden Fall ein Art-Hotel vorstellen, da wäre ich sofort dabei.“

Keine Höhenangst: Susanne Schneider.

Geboren in Bretten

Geboren wurde Susanne Schneider 1967 in Bretten, einer Stadt in Baden-Württemberg, etwa 23 km nordöstlich von Karlsruhe gelegen. Für das Peter- und Paul-Fest, bei dem die Brettener alljährlich im Juli ihre eigene Geschichte anno 1504 feiern, ist die kleine Gemeinde überregional bekannt. Doch die Stadt bietet viele weitere, geschichtsträchtige Orte, Bauten und Plätze, an denen die Historie abzulesen ist. Bretten ist eine Stadt der kurzen Wege und mit ihrer charmanten Altstadt durchaus vergleichbar mit Schwerte. Kein Wunder also, dass sich Susanne Schneider in der beschaulichen Stadt an der Ruhr so wohl fühlt. „Die Rohrmeisterei“, blickt sie in die Altstadt, „ist mit ihrem Kulturangebot bundesweit eingeschlagen wie ein Donnerhall. Jetzt braucht sie vernünftige Lösungen für Parken und Wegeverbindung in die Innenstadt.“ Den Vorschlag des Wettbewerbssiegers, der einen neuen Weg entlang der alten Stadtmauer und hinter dem historischen Wuckenhof vorbei bis zur Tiefgarage unter dem Marktplatz vorsieht, findet sie gut. Sie könnte sich aber auch einen Barriere freien Ausbau der bestehenden Wegeverbindung vom Markt über den Platz am Wuckenhof-Rund und weiter zwischen Musikschule und Bolzplatz bis hinunter zur Gastronomie, Veranstaltungshalle und Plateau vorstellen. Die  Tiefgarage unter dem Marktplatz wäre für Besucher der Kulturereignisse und Gäste der Gastronomie bequem zu erreichen und würde für eine beträchtliche Ausweitung des viel zu knappen Parkraums rings um das Industriedenkmal sorgen. „Wenn es um meinen Wahlkreis geht, dann möchte ich schon gemeinsam mit anderen Politikern schauen, was man machen kann“, zeigt sie sich „immer ansprechbar“, wie sie betont.

Schulvielfalt ermöglicht Förderung

Ohnehin wird der heimischen Landtagsabgeordneten bescheinigt, für alles ein offenes Ohr zu haben, tolerant, geradlinig, auch schlagfertig und sehr an der Sache orientiert zu sein. Und: Sie verfügt über Glaubwürdigkeit, die härteste Währung der Politik. Es geht ihr um „freiheitliche Politik, die den einzelnen stark macht und nicht den Staat.“ Wenn sie ihre Überzeugungen verteidigt, dann kann sie schnell und scharfzüngig sein. Wenn es um Herzensangelegenheiten geht, „dann stehe ich da und habe kalte Hände.“ Bei der Debatte um ein Kinderhospiz ist ihr das passiert. Unaufdringlich aber unmissverständlich diskutiert sie in Fragen der Medizin. Ein Themenbereich, der bei ihr besonders im Fokus steht. „Schon als vierjähriges Kind wollte ich Krankenschwester werden – und blieb dabei“, blickt sie zurück. Mit 18 Jahren begann sie die Ausbildung, die sie 1988 mit dem Staatsexamen abschloss. Nach einer berufsbegleitenden Fortbildung arbeitete sie einige Jahre als Stationsleitung bis sie sich entschloss, eine Ausbildung zur Pharmareferentin zu absolvieren.  Ein Beruf, in dem sie ausgesprochen erfolgreich gearbeitet hat. „Bis zur Geburt meiner Kinder“, hält Susanne Schneider fest, „dadurch wurden mir die Defizite in der Kinderbetreuung und im Bildungswesen bewusst und ich kam zur FDP.“ Politisch unterstütze sie deshalb auch „beste Bildung und die Freiheit, die Schulform für meine Kinder selbst zu wählen und nicht in eine Einheitsschule gezwungen zu werden. Nur eine Schulvielfalt ermöglicht die beste Förderung für alle Kinder.“

2004 nach Ergste

Es war im Jahre 2004, als Susanne Schneider mit Ehemann und den Kindern Felix und Paula nach Ergste zog, „auf Luise mussten wir noch länger warten, die wurde erst 2007 geboren.“ Sohn Felix, ein hochbegabtes Kind, „hat RTG-Geschichte geschrieben“, wie das die damalige Schulleiterin Carla Rothe formulierte. Mit 14 Jahren (!) hat der Junge sein Abitur gebaut und danach das Studium der Philosophie und Volkswirtschaft in Bochum aufgenommen. Auch die beiden Mädchen sind hochintelligent. So bestand Paula mit gerade einmal 16 Jahren ihr Abitur und trainiert jetzt als Leistungsschwimmerin im Sportinternat Essen. Luise wird zehn Jahre jung und besucht ebenfalls das Ruhrtal-Gymnasium.

Seit 2012 im Landtag

Nach ihrem Umzug nach Schwerte war es auch, dass das 2003 in die Partei eingetretene FDP-Mitglied Schneider Kontakt zu Walter Hülscher bekam, damals Fraktions- und Parteivorsitzender der Liberalen in Schwerte. Als Hülscher starb, rückte Schneider nach. Seit der Landtagswahl im Mai 2012 ist sie im nordrhein-westfälischen Landtag vertreten. Für ihre Landtagsfraktion arbeitete sie in den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation. Themenbereiche, in denen sie sich weiter engagieren möchte. Heute ist die Politikerin auch Vorsitzende der FDP im Kreis Unna, stellv. Vorsitzende der FDP Westfalen Süd und Mitglied im Landesvorstand NRW. Wenn das neue Landesparlament an seinem Sitz im Regierungsviertel südlich des Düsseldorfer Hafens seine Arbeit aufnimmt, dann ist Susanne Schneider wieder drei Tage in der Woche am Rhein. „Das geht nur, weil ich in Schwerte wohne“, sagt sie mit Verweis auf die zentrale Lage der Stadt und die kurzen Wege. Am 27. Juni soll CDU-Landeschef Armin Laschet zum neuen Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen gewählt werden. Susanne Schneider, die einzige Schwerter Stimme im Landtag,  ist dabei.

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